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Wie das Wetter die Jagd beeinflusst

8. August 2022

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Bereits die Jäger der Steinzeit mussten all ihre Sinnesleistungen und  Erfahrungswerte einsetzen, um unterschiedlichsten Wettersituationen zu trotzen, um diese auch für einen positiven Ausgang der Jagd und somit für ein Überleben der Sippe zu nützen.

Aus der jagdlichen Notwendigkeit heraus, Felle für Kleidungsstücke, Knochen, Hörner oder Geweihe als Werkzeuge und  letztendlich Fleisch zum Überleben zu gewinnen, war ihr Leben in der Natur immer wieder vom vorherrschenden Wetter und den sich ändernden klimatischen Verhältnissen abhängig. Derjenige Jäger und später Bauer, welcher nicht lernte mit dem Wetter zu kooperieren, verhungerte früher oder später samt seiner Familie.

Außer der einst überlebenswichtigen Notwendigkeit heraus, Wildtiere zur Nahrungsbeschaffung  jagen zu müssen, hat sich bei der Jagd bis heute nicht viel verändert. Auch der Jäger der Neuzeit muss Wind und Schnee, Kälte und Regen mit in sein jagdliches Kalkül einrechnen um als erfolgreicher Jäger aus dem Revier heimkehren zu können. Die jagdliche Ausübung findet auch heute noch bei wechselnden Bedingungen unter freiem Himmel statt und ist nicht genau plan- und berechenbar. Die Errichtung der Ansitzmöglichkeiten richtet sich in erster Linie nach der vorherrschenden Windbewegung. Wer sicher gehen will, baut seine Hoch- oder Bodensitze in beide der regionalen Hauptwindrichtungen und kann somit jederzeit seinen Wind unabhängigen Ansitzplatz einnehmen, um dort Wild zu beobachten und zu erlegen.

Die natürlichen Instinkte unserer Wildtiere verlangen dem jagenden Menschen ein detailliertes Wissen um das Verhalten der zu bejagenden Spezies ab. Vorsicht, Vernunft und ein jagdlicher Hausverstand sind zudem unumgängliche Begleiter bei der Jagd, vor allem dann, wenn der Wetterbericht Sturm-, Lawinen- oder Unwetterwarnung prognostiziert hat. Die Möglichkeiten sich Auskünfte über Wettervorhersagen einzuholen sind in der heutigen Zeit um einiges leichter möglich als das jemals früher der Fall war.

Meteorologen können auf Supercomputer zurückgreifen, die mit riesigen Mengen von weltumspannenden Wetterdaten gespeist sind. Mathematische und physikalische Erkenntnisse werden somit vom Computer genutzt um Langzeitprognosen von einigen Tagen bzw. Wochen zu ermöglichen. Um hohe Lagerkosten zu sparen oder Liefertermine genauer einhalten zu können, ist die Industrie stark an langfristigen Wetterprognosen interessiert.

Großkonzerne versuchen den Anteil an verdorbenen Mengen der zu liefernden Lebensmittel,  möglichst gering zu halten. Aber auch die Kleidungsindustrie wünscht sich möglichst lang vorhersehbare Wetterprognosen um die vorerzeugten Mengen der neuesten Modetrends mit an die prognostizierte Witterung anzupassen.  

Im ländlichen Bereich waren es die Bauernregeln, welche über Jahrtausende hinweg, aufgeschrieben und mündlich überliefert, den Land und Forstwirten als Wetterprognosen für die harte tägliche Arbeit zur Verfügung standen. Lostage wie der  “Lichtmesstag am 02. Februar oder der „Siebenschläfertag“ am 27. Juni  waren Wettergradmesser des Volksglaubens. Der Zeitraum um diese beiden Tage leitet aus Sicht der Bauernregeln eine meteorologisch wetterbestimmende bevorstehende Zeitspanne ein, nach der man sich in Bezug auf die anstehenden Arbeiten eingestellt hat.

Hier einige überlieferte Sprüche aus dem Volksmund:

„Wenn man die Alpendohle im Tal sieht dann wird es in den Bergen Schlechtwetter“ – Wenn die Bienen ihre Stöcke verkitten – dann kommt ein harter Winter geritten“  „Ziehen die Schwalben vor Maria Geburt ist der Winter nicht weit furt“ „ Kommen die Regenwürmer aus der Erde, weben die Spinnen kein Netz oder sind viele Nacktschnecken zu sehen, dann kündigt sich Regen an.“ „ Ziehen die Gämsen im Spätherbst aus den höheren Lagen in Talnähe – dann kommt zumeist Schneefall“

In und mit der Natur zu leben bedeutet heute nur mehr für eine Minderheit der Menschen auch die meteorologischen Zusammenhänge regional besser und schneller erkennen zu können und darauf reagieren zu müssen. Die Klimaerwärmung und damit einhergehende Veränderungen in der Natur haben viele dieser praktizierten Überlieferungen durcheinander gebracht.

Doch nach wie vor dürfen Naturbeobachtungen genutzt werden um als Mosaiksteine bei der Vorhersage das Wetter vorauszubestimmen. Zumeist sind es Landwirte, Jäger, Hüttenwirte und Senner, also jene Menschen die tagtäglich mit, in und letztendlich auch für die Natur arbeiten, welche das kommende Wetter einigermaßen zuverlässig aus den natürlichen Abläufen ablesen können.

So schließen zum Beispiel Ameisen ihre Belüftungsschächte vor einem Regenguss, fliegen Schwalben tiefer bevor ein Gewitter naht oder schließen sich die Schuppen der Zapfen der Nadelbäume wenn Regen bevorsteht und öffnen sich wieder wenn eine Schönwetterfront naht.

Auch der naturbeobachtende Fischer wird bemerken, dass die Fische an einem schwülen Tag vor einem Gewitter besser „steigen“, aus dem Wasser springen und vermehrt nach Insekten schnappen.

„Wenn der Wind jagt soll der Jäger zu Hause bleiben“ – ein alter und zumeist zutreffender Satz, den bereits unsere Großväter eingehalten haben. Doch nicht immer ist der Wind störend. Gänse und Enten landen bei windigem, stürmischen und regnerischen Wetter lieber auf  Gewässern und fühlen sich dort sicherer als in gewittrigen und energiegeladenen Höhen. Zudem ist der Gänsestrich bei Nebel und Regen erfolgversprechender, da das Wasserwild dazu auch niedriger streicht und die gezielte Schrotgarbe auf eine waidgerechte Schussdistanz, den Wildkörper leichter trifft.

Schalenwild meidet  Wind und Sturm, ist dann in den windstilleren Regionen, Tälern und Gräben eines Revieres anzutreffen. An stürmischen, böigen Tagen sollte auch der Jäger zu Hause bleiben, zu leicht wird man vom drehenden Wind an das sichernde Wild verraten.

Eine Weisheit, welche auch heute noch ihre Gültigkeit beibehalten hat ist der Spruch: „ Nach Regen kommt Segen“ – neben der wichtigen „natürlichen Bewässerungen unserer Felder und Wälder“  zieht auch das Wild aus seinen nassen Einständen und schüttelt sich die Wassertropfen aus Decke, Balg und Schwarte. Nach einem Wolkenbruch im Antlitz eines Regenbogens, konnte schon so manches Stück erlegt werden.

Mäht man im Waldrevier Sichtschneisen in die Vegetation, so wird man nach Regenfällen dort das Wild beim Trocknen antreffen. Dasselbe gilt auch für das Niederwild, welches Mulch- und Mähstreifen im Feldrevier zum Wärmen und Trocknen des Feder- und Haarkleides nutzt – eine wichtige Hegemaßnahme für das nässeanfällige Jungwild.

Sauen meiden eher Hochdruckwetter und fühlen sich beim sprichwörtlichen Sauwetter, am wohlsten. Da durch den Regen zumeist auch das Licht früher schwindet, ist es für den Jäger angebracht früher als sonst anzusitzen und die Schwarzkittel zu erwarten.  Sauen verlassen ihre Kessel beim ersten Schneefall nur selten, Tauwetter hingegen bedeutet zumeist auch erfolgreiches Sauansitzwetter.

Erst bei Neuschneelage lässt sich das Revier gut abfährten und darin nach Spuren lesen. Wo ist ein Fuchs geschnürt, der Marder weitergeholzt oder haben sich die Sauen eingeschoben. Schnee entschleunigt und bringt  Ruhe in das Revier und auch wir Menschen bekommen Gelegenheit aus dem Hamsterrad einer „Stressgesellschaft“ für einige Tage oder Wochen auszusteigen – wenn wir das wirklich wollen und es uns gelingt.

Wie bei allen Jagdarten ist auch bei der Ansitzjagd stets auf die Windsituation zu achten. Gerade am Abend, wenn die Luft kälter wird, zieht diese dem Boden zu und verrät den ansitzenden Grünrock bei unachtsamer Öffnung der Fenster.

Auch der Bergjäger muss frühmorgens versuchen den angestrebten Ansitz rechtzeitig zu erreichen, noch bevor die erwärmte Luft den Höhen zugetragen wird und den Jäger dem Wild verrät. Speziell die Jagd am Berg hält viele Tücken für den Jagenden bereit. Deshalb muss sich gerade der Bergjäger mit dem Wetter im alpinen Bereich bestens auskennen und Unterschlupfmöglichkeiten im Revier wissen, um im Falle eines plötzlichen Wetterumsturzes eine sichere Unterstellmöglichkeit zu erreichen. Mut darf hier nicht mit Unvernunft verwechselt werden, denn manch „über – mütiger“ Jäger musste dafür einen hohen Preis, mancher sogar mit dem Leben bezahlen.

Rutschige Steige nach Regenfällen, Murenabgänge und rasch ansteigende Gebirgsbäche sind nur einige Gefahren, welche neben Blitzschlag im offenen Gelände und unvorhergesehenen Winter- und Kälteeinbrüchen im Spätsommer, die Jagd im Gebirge von der im Flachland erheblich unterscheidet.

Auch die Kleidung des Jägers ist wetterabhängig. Jede unnötige Last im Bergrevier will vermieden werden, trägt man zumeist schon mit Spektiv und Wechselwäsche, Proviant und Flüssigem mehr, als man das auf den kurzen Wegstrecken im Feldrevier braucht.  Dabei ist der Wetterfleck fast überall ein notwendiger und gut brauchbarer Kleidungsgegenstand, welcher neben dem Abhalten von Nässe und Kälte auch ideal als Auflage- oder Sitzunterlage zu gebrauchen ist.  

Hundstage, in denen kein Lüftchen die letzten Juli- und die ersten Auguststage abkühlt, lässt das Wild in die kühleren Teile des Revieres siedeln. Jetzt werden auch gerne Suhlen angenommen. Sika- Rot und Schwarzwild sind die Nutznießer solcher Schlammlöcher. Wenn eine langanhaltende Trockenperiode mit hohen Temperaturen um die 30 Grad vorherrscht, bewegt sich das Wild weniger und haushaltet dabei mit seiner Körperflüssigkeit.

In der Hirschbrunft ist kühles Wetter von Vorteil, die Hirsche melden dann zumeist auch besser als wenn das Wetter lau und warme Witterung vorgibt.   Die Tagesjagd bei Vollmond gestaltet sich schwierig.

Der Vollmond ist für viele Tiere der Auslöser zur Fortpflanzung. Das Wild ist bei Vollmond dann derart aktiv, dass es bei Tag träge ist und vor sich hin döst. Der Erfolg beim Blatten oder Röhren ist daher eher gering.

Jeder Niederwildjäger kennt den Ausdruck: „Die Hasen bicken (halten) heute“ – Der Hase lässt sich bei Nässe und Schnee leichter übergehen als bei Trockenheit und gefrorenem Boden. Auch hier bei der herbstlichen Niederwildjagd spielt die vorherrschende Wettersituation eine wichtige Rolle, die letztendlich das Streckenergebnis mit beeinflussen kann.

Wer sich sein Jagdwetter vorprognostizieren kann, wird dadurch auch besser planen können. So sind bei „Sauwetter“ auch weniger Waldbesucher im Revier unterwegs und manche Jagdmethode, wie die Baujagd auf Reinecke, fällt dann auch erfolgreicher aus.

In der langen Geschichte unserer Erde hat es viele klimatische Veränderungen gegeben, welche die Tier und Pflanzenwelt, aber auch den Menschen betroffen haben. Durch mangelnde Nahrung, Einwanderung fremder Tierarten und der daraus resultierenden  Veränderung im Beutespektrum sind manche Arten ausgestorben, andere wiederum neu hinzugekommen. Auch wissen wir nicht, ob und wie die bevorstehenden Wetterkapriolen, Verschiebungen bei Balz und Brunftzeiten, Brut und Setzzeiten oder sonstige Faktoren beeinflussen werden.

Eine unumstrittene Tatsache ist jedoch, dass es keine Weiterentwicklung ohne Veränderungen gibt und deswegen liegt es an uns jagenden Menschen mit offenen Augen durch die Natur zu gehen und mit der notwendigen menschlichen Intelligenz auf die bevorstehenden Wetterkapriolen zu reagieren und wieder einmal zu versuchen, sich den neuen Herausforderungen zu stellen und anzupassen …