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Aus dem Leben eines Berufsjägers

8. August 2022

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Der Berufsjäger wird in der österreichischen Geschichte schon sehr früh erwähnt und hat seine ersten schriftlichen Hinweise in Form von Eintragungen über die „Parforce – Jagd“ und  die „Falknerei“ bereits im frühen Mittelalter. Kaiser Maximilian hielt sich einen hohen Stand an Berufsjägern und so wurde das 16. Jahrhundert zur Blütezeit dieses Berufsstandes im Land Tirol.

Wer sich jemals Gedanken über den „Beruf Jäger“ gemacht hat, der wird um das Wort Berufung für diese Arbeit nicht herumkommen. Zumeist sind es naturliebende Idealisten die sich ihr „Wunschhobby“ zum Arbeitsfeld machen wollen. Das Ziffernblatt der Uhr eines Berufsjäger enthält keine Zeiger und das Wort Überstunde ist ein Fremdwort in dessen Sprachgebrauch. Nur Jäger und Jägerinnen denen der Wald und das Wild eine Herzensangelegenheit sind und deren Zeitmanagement eine hohe Flexibilität voraussetzt, dürfen sich als Berufene wähnen. So manche physische Belastungen, deren Ursache natürliche Abläufe im Jagdjahr inne wohnen, etwa bei der, über Monate hinweg durchzuführenden, täglichen Winterfütterung mit Schneeräumung und der schweißtreibenden Futtervorgabe ohne Rücksicht auf das eigene Gesundheitsempfinden. Um an die Futterstandorte zu kommen,  müssen oft Forststraßen unter Lawinenhängen befahren werden.  Geduld und eine Passion zur Arbeit sind dabei Grundvoraussetzung. Diesen Beruf ergreift man nicht, diesen Beruf muss man mit seinen mannigfaltigen Aufgaben und Anforderungen ausfüllen.

Im Laufe der Zeit haben die vielfachen Aufgaben eines Berufsjägers einen Wandel durchgemacht. Früher einmal stand dieser im Dienste eines Gutsbesitzers oder Adeligen. Seine Aufgabe bestand vor allem darin, den Bestand des Wildes, vor Wilderern so zu verteidigen, damit sein Jagdherr bei der eigenen Jagdausübung oder für seine Gäste genügend Wild zur Verfügung hatte. Heute steht der Berufsjäger oft im öffentlichen Dienst, ist auch bei Jagdgenossenschaften und in Nationalparks beschäftigt und füllt den Beruf eines Naturmanagers aus, zu dessen Hauptaufgabe es gehört, dafür Sorge zu tragen, dass neben einer natürliche Entwicklung und einem nachhaltigen Zuwachs des Wildes, vor allem auch der Wald wächst.

Dies ist in vielen Jagdgebieten eine Herausforderung, da neben einer jagd- und forstlichen Nutzung, der Druck der naturnutzenden Freizeitgesellschaft, mit den unterschiedlichsten ausgeübten Trendsportarten hinzukommt und einen gebietsweise hohen Einfluss auf die Einstandsqualität und der daraus resultierenden Wildbewegung im Revier nimmt.

Die Hauptaufgabe eines Berufsjägers besteht im Beobachten der Wildtiere im Revier. Er ist auch derjenige, welcher Veränderungen, Abwanderungen oder das Ausbrechen von Wildkrankheiten als einer der ersten erkennen wird können und auch dementsprechend darauf reagieren wird. Das Ansprechen ist in Bezug auf den Gesundheitszustand, der Auswahl einzelner erkrankter Individuen oder der Entnahme nach Altersklassen, eine besondere  und intensive Aufgabe eines hauptberuflich jagenden Menschen. Gerade beim Beobachten kommen auch einige Grundtugenden des Jägers zum Vorschein.

Etwa beim frühen Abmarsch, mitten in der Nacht, um rechtzeitig vor der ersten Morgenstrophe am Hahnplatz anzukommen oder beim stundenlangen unbequemen Sitzen bei nass kalten Temperaturen in der Gamsbrunft.

Dabei darf auch so manch „mitgenommener“ Naturinteressierte erkennen, dass es sich bei der Wildbeobachtung nicht um einen normalen Spaziergang handelt und man erstaunt ist, wie lange ein Jäger sich, in teilweise unmöglichen Körperhaltungen an ein Stück Wild heran pirschen kann, oder den Urhahn anspringt. Geduld und Ausdauer sind wesentliche Bestandteile des Weidwerks.

Der Wunsch ein „Jäger aus Berufung „ zu werden, pulsiert bei den meisten handelnden Personen, bereits seit dem frühen Kindesalter in den jagdlichen Arterien und Venen. Vater, Großvater, Anverwandte, die diese Funktion ausüben oder ausführten, sind zumeist Vorbilder der nächsten Generationen und so manches Berufsjägerrevier wurde vom Urgroßvater weg, bis hin zum Urenkel innerhalb einer Familie betreut.

Die überzeichnete, in alten Heimatfilmen zu findende Romantisierung dieses Berufsstandes,  ist innerhalb der Jagdpraxis zumeist nur von einer begrenzten Zeitdauer zu finden und an einigen wenigen Tagen des Jahres oder besonderen Momenten spürbar.  Die mannigfaltigen Tätigkeiten können durchaus zum Knochenjob werden, wenn zum Beispiel eine kilometerlange Nachsuche auf ein angeschweißtes Stück in unwegsamen Gelände durchgeführt werden muss, die Wildbergung aus steilem Gelände erfolgt, oder im Frühjahr schwere Salzbrocken zu den entlegensten Winkeln des Jagdgebietes, mit der Buckelkraxe ausgetragen werden.

Als Berufsjäger erlebt man den Rhythmus der Natur hautnah mit und muss sich deswegen  auch in seinem Arbeitsalltag an natürliche Abläufe anpassen. Der Mensch als Jäger bewegt sich intensiv innerhalb der 4 Jahreszeiten, nicht in einem geschützten Büroraum, mit dem morgendlichen Ein- und nachmittägigem Auschecken oder in einer Fabrikhalle, sondern muss lernen, sich auf die täglich, bei Wind und Wetter, variierenden Vorgaben einzustellen.

Die Richtlinien zu den verschiedensten Tätigkeiten ordert entweder der Grundeigentümer, bei dem Berufsjäger beschäftigt sind oder ein Jagdpächter, welcher für eine gewisse Zeitspanne, zumeist 9 Jahre, ein Jagdgebiet von einem Grundeigentümer pachtet und für die anfallenden Aufgaben einen Berufsjäger einstellt. Dabei entspricht der Aufgabenbereich, mit von Forststraßen aufgeschlossenen Revierstrukturen und Geländewagen befahrbaren Güter- und Almwegen, einer Größenordnung von ca. 1.500 – 2.500 Hektar Größe. Neben einigen wenigen beruflich tätigen Jägern in Niederwildrevieren, befinden sich die meisten typischen Berufsjägerreviere in den österreichischen Gebirgsregionen.

Zur weit verbreitenden Anschauung vieler Menschen gehört die Meinung, dass Berufsjäger nur die Zeit damit verbringen, Tiere zu erlegen, zu verarbeiten und letztendlich als Wildbret zu verkaufen.

Viele wissen nicht um die vielen Arbeiten, wie zum Beispiel die Gesunderhaltung des Bestandes, Praxismaßnahmen zur Verhinderung von Wildschäden, das Wissen um die Altersstruktur im anvertrauten Revier, der Bau von Reviereinrichtungen mit Fütterungen und einer artgerechten Futtervorlage,  Ansitzmöglichkeiten und einem intelligenten Pirschsteigenetz, der Errichtung und der Beschickung von Salzstellen, der Bewirtschaftung von Wildwiesen und Almflächen im Zuge der Lebensraumverbesserung, dem Anlegen und Freihalten von Schußschneisen, dem Führen von Jagdgästen, der Arbeit rund um die Wildbretveredelung, der Hundeausbildung,  dem Vorleben und Weitergeben von überliefertem und dadurch gelebtem Brauchtum, Abschussplanung, Entwicklung von Bejagungskonzepten und vielen administrativen Aufgaben mehr.

Nebenbei engagieren sich Berufsjäger als Wald- und Jagdpädagogen, unterrichten in Jung- und Jagdaufseherkursen ihrer Bezirke und sind darüber hinaus in verschiedenen fachspezifischen Gremien und Fachausschüssen, sowie als Hegeringleiter oder Bezirksjägermeister gefordert.

Gerade in der Jagdgastbetreuung kommt seine kommunikative Kompetenz zum Tragen und  im Umgang mit Naturnutzern ist sein Konfliktmanagement gefordert. Bei vielen seiner Tätigkeiten ist ein handwerkliches Geschick von großem Nutzen und eine gute Konstitution, sowie Kondition allemal von  Vorteil.

Die meisten Berufsjäger führen einen eigenen Jagdhund, je nach Revierstruktur, Gelände und dem Einsatz des Hundes in der Jagdpraxis werden dafür verschiedenste Rassen benötigt und im Jagdalltag geführt. So braucht man Vorstehhunde in den Niederwildrevieren zum apportieren von Fasan, Hase und Rebhuhn aus den Feldern und Remisen, sowie von Enten in Ufer und Wasserbereichen der vorhandenen  Teiche, Seen oder Flüsse. In Revieren mit Gams, Rot und Rehwild benötigt es den Einsatz von Spezialisten auf Schweiß oder künftig eingearbeitete Hunde für die Stöberarbeit.

Flächen mit Windwurf- und Borkenkäfer Kalamitäten und den heran wachsenden Kulturen, in denen das Schalenwild immer mehr Deckung vorfindet, haben großflächig zugenommen und die Erlegungsmöglichkeiten durch das Schwinden der sichtigen Altholzbestände stark reduziert. Genau hier braucht es ein zukünftiges Bejagungskonzept, welches mit dem Grundeigentümer vorausschauend entwickelt werden muss, um den jährlich geplanten Abschuss auch zu erzielen. Dabei müssen auch bisher greifende und traditionell eingesetzte Jagdarten überarbeitet und bisher noch nicht genutzte Strategien angedacht werden. Vor allem diese Flexibilität im Andenken von neuen Jagdpraktiken und die Bereitschaft sinnvolle Maßnahmen auch umzusetzen, machen einen vorausschauenden, modernen und intelligenten Berufsjäger letztendlich aus.